The rise of the neo greens
ZU DEN ARBEITEN VON KIRSTIN YOUNG

 Kirstin Young, die bei Prof. Thomas Rug und Prof. Ute Hörner, Hochschule für Kunst und Design Halle studiert hat, setzt sich in ihren Arbeiten mit den gegenwärtig sehr dringenden Fragen eines ökologischen Wandels auseinander, greift hierzu aber auch auf historische Denkansätze zurück. Diese thematische Auseinandersetzung verbindet sich in ihren Installationen mit den dort präsentierten Medien.


Die Installationen bestehen meist aus großformatigen Holzschnitten, denen zuweilen nicht-analoge Reproduktions-formen wie Videos oder Fotografien beigegeben werden. So lässt Young in ihren Videos dank der Fähigkeiten von Computern zur Animation Orchideen ihre Blüten rückwärts verlieren, während in den Holzschnitten Kaninchen in Industrielandschaften eingepasst und zaghaft hockende Mädchengestalten in die Perspektive einer Draufsicht gezwängt und mit winzigen Details wie Pflanzenstücken oder kleinen Tiere in den Händen versehen werden, so als hätten sie diese Dinge mit einiger Überraschung gerade gefunden und versuchen ihr imaginäres Gegenüber, den Betrachter, nun mit teils unsicherem, teils gewinnendem Lächeln für ihre schützenswerten Funde zu gewinnen.


Die Medien Holzschnitt und PC sind bei der einst als Grafikdesignerin arbeitenden Young aber nicht nur im Ausstel-lungsdisplay aufeinander bezogen. Denn Young entwickelt ihre klare, facettenreiche Narration mittels eigener Fotografien sowie found footages aus dem world wide web. Doch entwendet sie diesen Bildern mittels binär basierter Werkzeugtools die Vielfalt ihrer farbigen und schwarz-weißen Nuancen und überträgt die so entstandenen Zeichnungen dann per Hand vom Bildschirmdisplay auf eine Sperrholzplatte, um sie der guten alten, analog funktionierenden Reproduktionstechnik des Holzschnitts zuzuführen.


Damit scheint im Formalen aufgegriffen, was inhaltlich bewegt, denn im genutzten Arbeitsmaterial widerspiegeln sich die Bereiche ihrer inhaltlichen Auseinandersetzung um das ({ Wie» der vom Menschen genutzten Ressourcen.

Zumal Young die scheinbar naiven, alltäglichen Momente der Fotos durch künstlerische Strategien wie das Ausweiten in ein übermenschliches Format, das serielle Wiederholen einzelner Motive aber auch durch das Übereinanderdrucken ganzer Holzstöcke und die vielfältige Kombination der einzelnen Drucke zu einer Gesamtinstallation in jene Generalität und Zeichenhaftigkeit umschmilzt, die für ein solches Thema erforderlich ist.

Die Individualität der erzählten Momente wird in eine Balance zur Ganzheit der Haltung gebracht und zugleich verweisen die als individuell hingestellten Gesten wie Zerbrechlichkeit, Zartheit, Schutzlosigkeit und das passive Erdulden, das am Hasen haftet, auf Schlagworte des heute vorherrschenden Naturbegriffs.


 Franziska Uhlig


 FRANZISKA  UHLIG  studierte Kunstwissenschaften und Klassische Archäologie, promovierte 2003 am Graduiertenkolleg „ Praxis und Theorie des künstlerischen Schaffensprozesses „ UdK Berlin, forscht zu systematischen Fragestellungen wie Farbe und dem Verhältnis von Hand und Werkzeug in der Kunst- und Kulturgeschichte des 18. bis 21. Jahrhunderts und lehrte in Berlin, Frankfurt/Main und Halle.